Über Indien

Warum helfe ich Menschen in Indien?

Schon in meiner Kindheit hatte Indien einen besonderen Eindruck auf mich gemacht. Es ließ mich auch nie so richtig los. Dann spielte im Jahr 1996 der Zufall Regie. Über die päpstlichen Missionswerke unterstützte ich einen Priesterstudenten. Da wurde mir Charles Kaki aus der Diözese Eluru im Bundesstaat Andhra Pradesh zugewiesen. Ich wollte mich überzeugen, ob alles seine Richtigkeit hat. So schrieb ich an Charles einen Brief. Es entstand dann ein reger Briefverkehr in dem ich auch viel über die Armut, besonders der Landbevölkerung erfahren habe.

Charles bat mich auch, einem Studienkollegen aus der Diözese Vijayawada, Darsi Jeeva Kumar und dessen Bruder Darsi Don Bosco, der auch Theologie studieren wollte, einen Brief zu schreiben. Ich kam seiner Bitte nach und das führte dann dazu, dass ich von Indien nicht mehr los kam. Während der Studienzeiten unterstützte ich sie ein wenig, um damit zum einen sie sich bessere Studienunterlagen erwerben konnten, zum anderen auch Menschen, besonders Straßenkinder etwas helfen konnten.

Nach der Priesterweihe wurde Charles Jugendseelsorger in Eluru und Jeeva Priester in Kesarapalli (Diözese Vijayawada). In den Briefen vermittelte er mir die Armut in dieser Pfarrei. So half ich ihm aus eigenen Mitteln, damit die ärmsten Kinder eine Schule besuchen konnten. Weiters versuchte er den Frauen, die ja in Indien sehr benachteiligt werden, neue Chancen und Selbstwertgefühl zu geben. Die Frauen verdienen in Indien fast immer nur die Hälfte von dem, was die Männer verdienen. Auf dem Land als Feldarbeiter, meist nur Tagelöhner sind dies zwischen 1 und 1,5 Euro am Tag. Die Frauen die Hälfte. Ein Oberklassenlehrer im Monat ca. 60 Euro. So bot Jeeva den Frauen einen Zuschneide und Nähkurs an. Auf Anhieb nahmen 50 Frauen daran teil. Nach gut einem ½ Jahr konnten die Frauen zwar zuschneiden und nähen, hatten aber keine Nähmaschine. So bat mich Jeeva um Hilfe. Damals 50,-- US$ für eine Tret-Nähmaschine (Strom hatten die wenigsten und dieser war und ist heute noch sehr oft unterbrochen). 50 Nähmaschinen überschritt jedoch meine finanziellen Möglichkeiten und so wendete ich mich an Bekannte und die Pfarrei. Es dauerte nicht lange und ich konnte für alle 50 Frauen die Finanzierung zusagen. Die Frauen waren sehr glücklich, konnten sie dadurch doch mit Fleiß und Geschick bis zu 1 $ verdienen und dabei auch noch bei den Kindern sein.

Nach knapp 2 Jahren wurde Charles nach Vuyyuru, einer Stadt mit 22 Pfarreien versetzt. Im ersten Brief aus Vuyyuru stand unter anderem: "Kesarapalli war arm, aber die Menschen hier sind noch viel ärmer. Es fehlt an fast allem."

Er machte auf meinen Wunsch hin Planungen, was er alles dringend in die Wege leiten wollte. Kostenpunkt ca. 10.000,-- US$.  Ich versprach ihm so gut es geht zu helfen, jedoch über 2-3 Jahre. Nun war es Zeit, nach Indien aufzubrechen und die Menschen in Vuyyuru zu besuchen. Jeeva hatte mich des öfteren schon gebeten, ihn zu besuchen.

Im Februar 2004  (½ Jahr nach der Versetzung) war es dann soweit. Mit mulmigen Gefühl reiste ich, begleitet von meinem Schwiegersohn und dessen Freund nach Vuyyuru. Was wir da erlebten, ging tief unter die Haut. Wir waren physisch wie psychisch an den Grenzen der Möglichkeiten angelangt. Auf der einen Seite die Freundlichkeit, Zuneigung und Dankbarkeit der Menschen – obwohl die Hilfe erst angelaufen war – auf der anderen Seite die Armut, die  Bedingungen unter denen die Menschen lebten. Wir besuchten alle Pfarreien und immer wieder war es für die Menschen ein Feiertag, uns begrüßen zu können. Es war einfach unbeschreiblich - egal wo. Ihre Augen strahlten Hoffnung, Freude und Dankbarkeit aus, wie ich sie noch nie in meinem Leben erfahren durfte. So wurde mir auch klar, dass ich noch mehr Energie für diese Menschen aufbringen musste. Zuhause angekommen „bettelte“ ich bei jeder Gelegenheit für diese Menschen.

Danach ging es Schlag auf Schlag!

Zu Weihnachten 2004 schlug der Tsunami am Machilipatnam Strand zu, wo wir bei unserem Besuch einige Bekannte von Jeeva besuchten und ein Bad genießen konnten. 10 Tage nach dem Tsunami erfuhr ich von Jeeva, dass in diesem Gebiet trotz tausender von Toten noch keine internationale Hilfe vorhanden war. Nun musste was geschehen. So setzte ich einen Hilfsappell auf und versandte diesen über E-Mail an alle Hypobank Mitarbeiter und mir bekannten E-Mail Adressen. Jeeva teilte ich mit, dass er den Menschen vorerst das wichtigste wie Wasser, Nahrungsmittel und Kleidung besorgen soll. Insgesamt konnte ich Dank der vielen großartigen Spendern 20.000,-- Euro für die Tsunamiopfer aufbringen.

Im August 2005 waren heftige Monsunregen in der Gegend von Vuyyuru und zu allem Unglück brach dann noch ein Damm. Die Folge davon war, dass viele Ortschaften überschwemmt wurden und die Menschen evakuiert werden mussten. Wieder Hilfsaufruf, wieder konnte ich tausende von Euro für die Menschen aufbringen. Dann wieder Überflutung und die Ortschaften standen praktisch bis Ende November unter Wasser.

Zwischenzeitlich durfte ich ja auch die gelanten Projekte nicht vergessen. Schulbücher, Kleidung, Essen für Waisenkinder, Leprastation, Wasserbrunnen, Nähmaschinen etc.

Im April 2006 erhielt Don Bosco, Bruder von Jeeva die Priesterweihe und ist nun Jugendseelsorger und Leiter eines Internats. Ich wollte eigentlich zur Primiz nach Indien reisen, aber durch die Überschwemmungen und die große Hitze (48 Grad) war eine Moskitoplage ausgebrochen.

Ende Oktober 2006 fegte ein Zyklon (der stärkste seit 30 Jahren) über Vuyyuru und zerstörte ca. 100 Häuser zum Teil komplett. Zudem brachte er noch heftigste Regenfälle, sodass wieder 6 Pfarreien überschwemmt wurden. Wieder lief eine Hilfsaktion für Lebensmittel, Wasser, Kleidung und Wiederinstandsetzung bzw. Neubauten von Häusern. Nun war es wieder Zeit, nach Indien zu reisen. Im Februar 2007 war dann mein bislang letzter Besuch in Vuyyuru. Dabei konnte ich Jeeva das Geld für das Baumaterial von 30 Häusern übergeben. Wieder konnte ich die glücklichen Menschen erleben und wieder wurde die Reise zu einem Wechselbad der Gefühle. Aber ich fühlte mich schon als einen von ihnen.

Nach Ostern 2007 wurde Jeeva ganz überraschend nach Siluvagirinagar (Nandigama) versetzt. Der wahrscheinliche Grund war ich, da ich einem Geschäftsmann in Hyderabad kein Geld für ein Schulgrundstück überweisen konnte.

Nun beginnt – neben der Unterstützung der Kinder und Frauen in Vuyyuru - die Aufbauarbeit in seiner neuen Pfarrei, die noch ärmer und in einem „gottverlassenen“ Gebiet liegt. Fast kein Strom, wenig Trinkwasser, dafür viele Schlangen. Jeeva ist äusserst traurig. Ich habe ihm jedoch Mut zugesprochen. Es ist wieder eine Chance, dass Menschen am Rande der Gesellschaft Hoffnung schöpfen können. Ich gebe die Hoffnung und die Bemühungen auf jeden Fall nicht auf. Dazu sind mir die Menschen schon zu sehr ans Herz gewachsen, auch wenn ich die Menschen der neuen Pfarrei noch gar nicht kenne.

Vielleicht gelingt es mir, auch mit Deiner Hilfe die Menschen dort so glücklich zu machen, wie die in Vuyyuru! Danke!